Aller guten Dinge sind drei, auch bei der dritten Auflage der 24h MTB-Eventveranstalter-WM in der Maxhütte in Sulzbach Rosenberg durften wir natürlich nicht fehlen. Nach zwei Siegen im vierer Mixed Team und einigen Zweierteams in den letzten beiden Jahren hatten wir uns diesmal mit einem Achterteam angemeldet, getreu dem Motto: „Jeder fährt so wie er kann und dann sehen wir mal, was am Ende dabei rauskommt“. So stand das Team nach einiger Zeit fest, mit Michi, Heini, Ente, Lukas, Claudio, Ferd, Bärli und dem Alterspräsidenten wurde ein durchaus interessanter Haufen quer durch alle Alters- und Bevölkerungsschichten zusammengestellt, dessen Vorhut dann am Freitagabend in Form unserer Betreuer K und Panzen zum Aufbau in Sulzbach eintraf.
Unser Fahrerlager befand sich zusammen mit dem der Bayernkadermädels direkt im alten Stahlwerk Maxhütte oder besser gesagt, in dem was davon noch übrig ist. Dort könnte man auch Terminator IV oder ähnliche Filmchen drehen, also genau richtig für uns. Hänger abgestellt, Zelte aufgebaut und erst mal alles schön locker, von wegen. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht, Mountainbiker haben scheinbar in bestimmten Fällen „Brain“ nur in ihren Hinterbaudämpfern aber nicht dort, wo es eigentlich hingehört. Anders ist es nicht zu erklären, dass es zum einen
- ein paar Herrschaften in kurzer Zeit geschafft hatten, ihre Zelte so aufzustellen, dass nur rund ein Drittel der zur Verfügung stehenden Fläche effektiv genutzt werden konnte und
- wenn ein Team seinen Stromstecker in der Verteilerdose hat, dann wird diese von diesem Team genutzt, auch wenn dessen Vereinsname auf ein kleines Fukushima AKW im Vereinshänger vermuten lässt, zieht man nicht einfach den Stecker wieder raus…
Nur dem energischen Eingreifen unserer Herren K und Panzen war es zu verdanken, dass uns die (wieder separat bezahlte) Energie zur Verfügung stand.
So stand dem Event am Samstag bei strahlendem Wetter nichts mehr entgegen und für mich begann der Morgen beim Verpflegung organisieren bei der Fleischereifachverkäuferin meines Vertrauens mit der obligatorischen Feststellung:
„Is a weng mehr worn, moacht nix oder?“
Der weitere Verlauf des Tages sollte zeigen, dass diese bewährte Taktik des deutschen Fleischereihandwerkes für uns noch überlebenswichtig werden wird und so ging es mit >1Kg Salami- und Wurstaufschnitt und 10 Paar Weißwürscht ab in die Metropole des 24h WM MTB Sports.
Irritiert von am Ortseingang aufgestellten Schildern von einem am gleichen Wochenende parallel stattfindenden Holladirüfest (hatte ich mich im Datum geirrt, nix von 24h WM und so?) war ich doch erleichtert, beim Eintreffen an der Maxhütte gleich gesinntes MTB Volk anzutreffen. Ja, ist halt so, Saufen ist eben Volkssport #1, da gehen Randsportarten wie MTB halt ein wenig unter, WM hin oder her…
Das mag auch die Ursache sein, dass die obligatorische „Teameinschreibung“ diesmal nicht im Sulzbacher Rathaus, sondern an einer schnöden Plakatwand am Eventgelände stattfand. Was hatte ich mich gefreut, endlich ins goldene Buch eintragen, nachdem das zwei Jahre lang der Vereinspräsident gemacht hatte, weil er die Startrunde gefahren ist. Und dann nix, außer Startrunde fahren („Du kannst das“).
Doch im richtigen Verein kommt die Entschädigung prompt, die neue Strecke mit dem MTB abfahren, nicht mit irgendeinem, sondern mit der allerneuesten 29´´ Entwicklung geheimer Labore aus Übersee. Endlich, nach über zehn Jahren MTB Rennen fahren, bauen Radhersteller auch Räder, die bei mir nicht wie ein Kinderrad aussehen. Verwechslungen im Anschluss und die allgemeine Hektik (inzwischen waren so kurz vor zwölf dann auch alle unsere Fahrer mal angekommen, immer locker bleiben), sorgten dann dafür, dass ich als auserkorener Startfahrer die Startrunde in Sulzbach City Downtown dann zunächst mit bewährtem 26´´ Gerät antrat.
Trikefahrerhäuptlinge und ihre devot auftretenden Mädels hatten schon immer eine gewisse Faszination, gleich zwei davon gaben sich die Ehre, die Führungsfahrzeuge für unseren Startblock zu übernehmen. Da hat man gleich gemerkt, nicht nur die MTB Szene hat inzwischen ein Demographieproblem, da fuhren gefühlte 250 Jahre verteilt auf zwei dominante Typen und zwei devote Girls in immer geringerer Geschwindigkeit (die Startblöcke vor uns standen inzwischen im Stau) vor uns her.
Doch dann, Maxhütteneinfahrt urplötzlich Tempoverschärfung, ab in die erste Runde, draufhauen was geht, schließlich geht es um das Team, der Bärli, der wartet schon zur Ablöse, nicht das der zu lange herumsteht, da kriegt man Krampfadern und andere unschöne Krankheiten. Der unermüdliche Einsatz aller Teamfahrer zeigte Wirkung, so hatten wir uns am Nachmittag immer um den siebten oder achten Platz eingereiht, da konnte die Nacht ruhig kommen, vor allem wenn man ein inzwischen auf mehrere engagierte Leute angewachsenes Betreuerteam zurückgreifen kann.
Ein erfolgreiches Team hat selbstverständlich auch viele Besucher, bereits am späten Nachmittag traf der WD 40 Beauftragte des Ghost-Factory-Racing-Teams gefolgt von unserem Rennradpräsidenten mit Gattin und weiteren Gönnern unserer Truppe im Fahrerlager ein. Während die hochkarätige Prominenz noch Glück hatte, ohne Behinderungen zu uns durchzukommen, war es für Familienangehörige im Anschluss wesentlich schwieriger. Am Zugang zum Fahrerlager hatten sich Hilfssheriffs des Veranstalters in Stellung gebracht und von allen Besuchern einen Eintritt von 20,– € (mit der Begründung, dann könne man die Verpflegung mit nutzen) verlangt.
So was hatte ich Seit Mai `89 bei meinem letzten DDR-Ost-Berlin Trip nicht mehr erlebt. Da musste man auch 20 Mark West (wertvoll) in Ost (nicht wertvoll) „umtauschen“. Schließlich hatte es die Caro geschafft, ihre Eltern über einen geheimen Fluchtweg als weitere lebenswichtige Essenslieferanten ins Fahrerlager einzuschleusen. Diesem Umstand habe ich es zu verdanken, dass an diesem Rennen meine Frau und meine Kinder sehen durfte.
Mit der aufkommenden Dunkelheit zeigte sich die geänderte Strecke wieder von ihrer mystischen Seite. Auch wenn es diesmal weniger durch die alten Hallen ging, da man inzwischen darauf gekommen ist, dass in einem alten Stahlwerk, wo vor knapp zehn Jahren die Lichter ausgingen und das wertvolle Inventar an chinesische Stahlkocher verscherbelt wurde, ab und zu schon mal ein Trumm vom Dach fallen kann. Dafür gab es reichlich Entschädigung außerhalb, die Strecke führte auch über eine BMX Bahn, da war die Hölle los, selbst um vier Uhr früh sorgte die U 20 / >2%o aufwärts Fraktion (der stehende Rest vom Holladirüfest) noch für Stimmung ohne Ende.
Weniger Stimmung herrschte hingegen mit eintreffender Nacht in Sachen Verpflegung: Versuche unserer Betreuer, vom Verpflegungsstand etwas zum Futtern für die Fahrer zu organisieren, erwiesen sich inzwischen höchst schwierig. Glücklicherweise war dank Fleischereifachverkäuferinnenoverload und externer Einfuhr von Lebensmitteln (an dieser Stelle sei noch einmal allen Betreuern ausdrücklich gedankt!) keine Lebensmittelknappheit bei uns vorhanden, der Bratwurstgrill hatte ganze Arbeit geleistet. Wenigstens hatten die Einzelfahrer einen eigenen Stand, damit sie keine Probleme bekamen.
Caterer, die eine 24h MTB WM mit der Verköstigung von Kandidatinnen für bescheuerte Heidi Klum Shows verwechseln, sind ein Menschenschlag, den man unbedingt kennen lernen muss. Das dachte sich unser Chefbetreuer K und hat spontan ein kleines Fotoshooting von der spärlichen Küche gemacht, was den dort anwesenden Herrschaften irgendwie gar nicht gefiel. Das gleichzeitig stattfindende Feuerwerk animierte unseren Kollegen Heini zum Spruch des Abends:
„Böller statt Brot“
Gegen Mitternacht hatten sich die Hilfssherrifs zur Fahrerlagerüberwachung mit Eintrittsgeld (20€ für Essen, das es nicht gibt) wohl verzogen, jedenfalls kam unser Vereinsmusikanlagenchef ohne Probleme zu uns durch, ja die Anlage im Hänger, da müssen wir in Sachen MP3 Anschlüsse unbedingt noch mal ran, damit wir nicht wieder dieses übliche Einheitsgedudel aus dem Wechselzonenbereich ertragen müssen. Bevor diese selbsternannten Hobby-HIT-CD-DJ´s die nicht mal wissen, was ein Technics 1210er ist, was spielen was nur ein paar nicht gefällt, spielen sie lieber immer das, was keinem gefällt, außer denen, die sich ohnehin nicht dafür interessieren.
Wie auch immer, bei uns lief alles bestens, mit modernster Technik hatte unser Chefbetreuer stets alles im Überblick. Rundenzeiten, Abstände nach vorne und hinten, ein paar Motivationspläuschchen mit den Bayernkadermädels, die als Vierer gestartet waren und ordentlich am kämpfen waren, alles im Griff, bis die Frage auftauchte: Wo bleibt der Ferd? Ja, der Ferd, der fährt. Aber er kann nimmer sitzen. Sattel nicht kompatibel zum Hintern. O.K., erster Ausfall, aber da steht man drüber, vor allem, wenn klug denkende Strategen eine neue Marschrichtung vorgeben:
Umstellung des zum Siebener mutierten Achters um halb drei früh zum vierer bis ca. halb fünf.
Das brachte dann ordentlich Push, drei alte und ein ganz junger griffen nun an, der Rest konnte sich dadurch besser erholen und umso frischer danach wieder eingreifen. Somit lagen wir bei Sonnenaufgang fest auf Rang sieben mit Rang sechs in Reichweite und konnten unsere Rundenzeiten sogar noch verbessern.
Schlag auf schlag ging es nun in den Endspurt und es kam selbstverständlich so, wie es kommen musste: Zwar waren wir vom nächsten Team hinter uns inzwischen mit einer Runde im Vorsprung, andererseits schlossen wir nun zum Team auf Rang sechs auf, keine Vorentscheidung in Sicht, stattdessen:
Die Entscheidung fällt in der letzten Runde.
Also wieder Stress pur für den („Du kannst das“)-Schlussfahrer. Der Bärli hatte in der vorletzten Runde sogar noch einen kleinen Vorsprung rausgefahren, den hatte der Kollege, der kurz nach mir dann auf die letzte Runde ging dann gleich mal ausgeglichen. Weshalb dieser dann bis zur entscheidenden Stelle bei mir am Hinterrad im Windschatten blieb und dafür jede Tempoverschärfung, die mir das mittlerweile seit 18 Stunden zu mir zurückgekehrte, sprechende und wiehernde Flash 29er vordiktierte (Ja, es gibt Räder, die haben eine Seele), keine Ahnung. Früher zu Zeiten, als es noch Lizenzfahrer und keine „Hobbyfahrer“ mit drei Trainingslagern im Jahr gab, wäre so was nie vorgekommen.
Die entscheidende Schlüsselstelle hatte mir das 29er Flash zuverlässig mitgeteilt, in der nicht einfachen 180 Grad Kurve über die Bahngleise 500m vor dem Ziel fällt die Entscheidung, danach kann man kaum noch angreifen. So blieb die Wahl: Alles riskieren und Gefahr laufen, den anschließenden Familienurlaub wenn es blöd läuft im Gipsarm zu verbringen oder eben sicher drüber fahren. Ich entschied mich für letzteres und zack war der Kollege vorne. Auch egal, dann waren wir halt siebter von 18 angetretenen Mannschaften, für ein buntes Vereinsteam ein super Ergebnis, mit dem wir nicht gerechnet hatten.
So war das Event auch 2011ein tolles Erlebnis, vielen Dank nochmals an alle, die uns so toll unterstützt haben und für die, die nicht dabei sein konnten: Ihr habt echt was verpasst… Aber solche Aktionen müssen ja nicht zwangsläufig nur bei 24h Rennen ablaufen, coole Veranstaltungen im Alpina oder OTV Cup und bei Marathons um die Ecke gibt’s ohne Ende und dort könnten wir für 20,– € Besuchereintrittsgeld das halbe Kuchenbuffet aufkaufen…